Berlin / Nürnberg / Neuendettelsau 26. Juni 2024 // Sexualisierte Gewalt vor allem gegen Mädchen und Frauen ist eine Waffe in zahlreichen bewaffneten Konflikten weltweit, die auch im Osten der Demokratischen Republik Kongo eingesetzt wird. „Eine der schlimmsten Formen von Gewalt löst entweder Flucht aus oder betrifft viele Flüchtende genau dann, wenn sie am wehrlosesten sind. Die betroffenen brauchen dringend mehr Schutz“, sagt Charlotte Greene, Leiterin des Regionalbüros der Diakonie Katastrophenhilfe.
Rund vier Millionen Menschen sind laut UN-Angaben seit Oktober 2022 im Osten der DR Kongo vor allem aus ländlichen Regionen vertrieben worden. Nach Kämpfen zwischen der Rebellengruppe M23 und dem kongolesischen Militär haben in den vergangenen Monaten eine halbe Million Menschen allein in Goma, der Provinzhauptstadt von Nord-Kivu, Zuflucht gesucht. „Während bewaffneter Zusammenstöße und den anschließenden Vertreibungen steigen Fälle von sexualisierter Gewalt an. Sie dient Kämpfern entweder als Waffe im Krieg oder sie wird willkürlich zu ihrer Befriedigung eingesetzt“, berichten Vertreterinnen eines Netzwerks von Frauenorganisationen, welches die Diakonie Katastrophenhilfe unterstützt.
Laut Daten von Hilfsorganisationen mussten 2023 in dem zentralafrikanischen Land mehr als 120.000 Fälle von geschlechtsbasierter Gewalt behandelt werden, die vor allem Kinder, junge Mädchen und Frauen betrifft. Gewalt in Form von sexueller Belästigung bis hin zu Gruppenvergewaltigungen macht dabei den größten Anteil dieser Gewaltform aus. Das Frauennetzwerk kritisiert, dass aufgrund des Konflikts verstärkt bewaffnete Reservisten innerhalb von Dorfgemeinden und Vertriebenensiedlungen eingesetzt werden, um die Kontrolle auszuüben. Sie seien jedoch für einen Anstieg der Fallzahlen verantwortlich, da es sich dabei um untrainierte Reservisten handelt, die die Regeln des Völkerrechts nicht kennen und zum Teil nicht für ihre Dienste bezahlt werden. Hinzu kämen andere Kriminelle, die ebenfalls Macht in Gemeinden ausüben und für sexuelle Übergriffe verantwortlich seien.
Neben physischen Verletzungen und Traumata sind Überlebende der Gewalt von weitreichenden Folgen wie Geschlechtskrankheiten oder ungewollten Schwangerschaften betroffen. Ausreichend Schutz und Gerechtigkeit bleibt ihnen danach verwehrt. „Eine Anklage und juristische Aufarbeitung scheitert an der materiellen Armut der Betroffenen. Weit entfernte Gerichtstermine können sie nicht wahrnehmen, weil sie die Fahrtkosten nicht aufbringen. Eine Vielzahl von Fällen wird schlichtweg eingestellt“, sagt Charlotte Greene. Zusätzlich seien Betroffene in vielen Fällen gezwungen, ihre Heimat zu verlassen, weil sie von ihrer Gemeinde stigmatisiert und ausgeschlossen wurden oder Angst vor weiteren Übergriffen haben. „Mit unserer Partnerorganisation können wir die Menschen über die Risiken und Schritte nach erlebter Gewalt aufklären und unterstützen. Das hilft durchaus, aber um die Menschen wirklich zu schützen und angemessen zu unterstützen, braucht es mehr Hilfsangebote und echte Sicherheit, die es seit Jahrzehnten in der DR Kongo nicht gibt“, sagt Greene.
Seit fast 30 Jahren machen sich Dutzende bewaffnete Gruppen die Kontrolle über riesige rohstoffreiche Gebiete im Osten der DR Kongo streitig. Wiederholt drohte die derzeit einflussreichste Rebellengruppe M23 mit der Einnahme der Millionenstadt Goma. Dort kam es in den vergangenen Monaten mehrfach zum Beschuss von Flüchtlingssiedlungen. Rund 26 Millionen der rund 114 Millionen Einwohner der DR Kongo sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. 7,2 Millionen Menschen sind aufgrund des Konflikts intern vertrieben, während 1,1 Millionen Menschen Schutz in Nachbarländern gesucht haben.
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